Innovation in Familienunternehmen

„Wer aufhört, für die eigenen Kunden innovativ zu sein, hört auf, nützlich zu sein“, sagt Markus Weishaupt, Berater und Begleiter vieler Familienunternehmen. Ein Gespräch über Family Business, Innovation und Zukunftsfähigkeit.

Interview mit Markus Weishaupt

ECO.NOVA: Ihr Buch „Die DNA erfolgreicher Familienunternehmen” gilt mittlerweile als Standardwerk für Familienunternehmen. Welche Stellung hat „Innovation” in dieser DNA? MARKUS WEISHAUPT: Innovation spielt bei den erfolgreichsten Familienunternehmen eine ganz zentrale Rolle. Ohne Innovationen in der Entwicklungsgeschichte der Besten wären diese niemals dort, wo sie heute sind. Allerdings sind vergangene Innovationen für den Erfolg der Zukunft irrelevant.

Wie meinen Sie das? Die herausragendsten Familienunternehmen leben ein Dasein in der Nische, wobei diese Nische durchaus von interessanter Größe sein kann. Zudem agieren diese Unternehmen über die Herkunftsregion hinaus und sind meist international, gerne weltweit tätig. Kunden solcher höchstspezialisierter Unternehmen erwarten nicht nur hohe Qualität der Produkte und Leistungen, sondern auch immer wieder etwas Neues, Innovatives. Dieses Neue kann in Produkteigenschaften, Dienstleistungen, Systemen, Abläufen, in Information, Vertriebskanälen und selbst im Geschäftsmodell als Ganzes liegen. Fakt ist: Die Innovationsfähigkeit ist für nachhaltig erfolgreiche Familienunternehmen keine Option, die man sich eventuell leisten will, sondern ein ganz klares Muss für alle, die langfristig überleben wollen.

Wenn dies so zutrifft, dann sind Unternehmen sozusagen dazu verdammt, innovativ zu sein? Das könnte man so sagen, auch wenn Verdammnis ein sehr negativer Ausdruck für ein höchst attraktives Themenfeld ist. Ich spreche lieber von der Lust auf Neues. Diese Lust ist bei guten Familienunternehmen nicht nur Passion, sondern Teil des eigenen Selbstverständnisses, denn sie wissen, dass Nischenplayer ohne Innovationskraft im Regelfall wenig Chancen auf langfristigen Bestand haben.

Wobei nicht alle Innovationen nützlich sind … Das ist richtig. Aber ich halte es, wie wohl alle Familienunter- nehmen, mit dem Grundsatz des Erfinders und Unternehmers Thomas Alva Edison, der in etwa lautet: Was sich nicht verkaufen lässt, will ich nicht erfinden. Die Nachfrage ist Beweis der Nützlichkeit und Nützlichkeit führt zum Erfolg.

Das heißt also, dass Innovationen nur als solche gelten, wenn es dafür auch einen Markt gibt; sprich, wenn Kunden die innovativen Produkte kaufen. Ist das nicht sehr kapitalistisch?Wir leben in einer Marktwirtschaft, einer kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und die Unternehmen, die darin agieren, richten sich unweigerlich nach den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden aus. Wer am Kunden vorbei entwickelt, wird dafür bestraft, indem die Entwicklungen einfach nicht gekauft werden.

„Umgeben Sie sich mit Mitarbeitern, die noch nicht gelernt haben, was nicht geht.“

Gerade Familienunternehmen machen selten Grundlagenforschung und konzentrieren sich auf die Entwicklung von Produkten und Leistungen, für die es Abnehmer gibt. Familienunternehmen haben dabei einen großen Nachteil, denn entgegen kapitalkräftiger überdimensionierter Giganten, wie Amazon, Alphabet, Microsoft, Apple, Alibaba und vielen mehr, haben Familienunternehmen limitierte finanzielle Ressourcen. Ein strategischer Investmentfehler kann den Untergang bedeuten. Somit müssen Familienunternehmen viel konzentrierter und bedachter Innovation betreiben als andere Unternehmensformen. Es hat aber den Anschein, dass die Innovationen mit tiefgreifenden Veränderungen von Apple und Co. kommen und nicht von den kleinen und mittelständischen Familienunternehmen. Welche Risiken gehen Familienunternehmen mit ihrem Innovationsverhalten ein? Familienunternehmen waren und sind spitze in der sogenannten inkrementellen Innovation. Wirklich bahnbrechende Innovationen sind eher selten. Auch wenn das bis dato kein großes Problem dargestellt hat, nun wird es zum großen Risiko. Big Data, Vernetzung, Plattformmodelle, Internet of Things, Robotik, Künstliche Intelligenz, Virtual und Augmented Reality, Cloud Computing, 3-D-Drucker und die Exponentialität werden in Familienunternehmenskreisen zum Teil immer noch als „bullshit bingo“ abgetan. Diese Haltung ist selbst für die ältesten Familienunternehmen überlebensgefährdend. Was empfehlen Sie Ihren Kunden und den Familienunternehmen im Allgemeinen? Lassen Sie Kreativität, Querdenker, unkonventionelle Zugänge, innovative Gedankenspiele mit Tabu- und Regelbrüchen, Geschäftsmodelländerungen und utopisch anmutenden Szenarien zu und bewerten Sie diese ernsthaft. Schaffen Sie Abteilungen oder kleine Einheiten abseits von der alten Organisation, damit bahnbrechende Ideen eine faire Chance erhalten. Umgeben Sie sich dafür mit Mitarbeitern, die noch nicht gelernt haben, was nicht geht, und lernen Sie eine gute Idee da- ran zu erkennen, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen erscheint.

Über den Autor: 

Markus Weishaupt ist international tätiger Berater für Familienunternehmen und enger Begleiter von Unternehmerfamilien, Geschäftsführender Gesellschafter von Weissman- International, Familien- und Verwaltungsrat, Keynote-Speaker, Autor mehrerer Bücher zur Welt der Familienunternehmen und Professor an der FH Kufstein. 

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