Ist es zu spät?

Ich werde seit vielen Jahren ersucht, Beiträge zur „Nachhaltigkeit“ zu schreiben. Also zu einer „dauerhaft aufrechterhaltbaren“ Lebensform. Diese gibt es nur schon lange nicht mehr. Wir kommen da auch nicht mehr hin. Die Formen der Veränderungen sind zu groß, zu komplex. Was bleibt ist der Versuch einer Adaptierung, einer Stabilisierung.

Von Wolfgang Wimmer

Der Klimawandel schlägt unerbittlich zu und was wir längst wissen, wird noch immer nicht geglaubt. Schon gar nicht wird es von der Politik verstanden, wo populistische Regierungen nur mit sich selbst beschäft sind und gar nicht dazu kommen, ungefähr richtig, statt immer wieder genau falsch zu agieren. Bleibt die Zivilgesellschaft, die in kleinen Gruppen bereits die Tatsachen erkennt und teilweise sehr engagiert geänderte Lebensweisen praktiziert und vorgelebt.

Das andere Potential für mögliche Anpassungsleistungen sehe ich bei den Unternehmen, die erkennen, dass es ernst ist und die wissen, dass die Verfügbarkeit der Rohstoffe begrenzt ist. Unternehmen waren im ureigensten Sinne schon immer innovativ und wissen längst, dass es für eine Zukunftsfähigkeit neue Lösungen braucht.

Selbstverständlich lassen sich in Bezug auf Produkte Konzepte finden die ökointelligent sind und mit denen ein positiver Beitrag leistbar ist. Wir arbeiten mit Ecodesign seit mehr als 25 Jahren an solchen Lösungen, die bei Produkten den eigentlichen Nutzen für die Anwender in den Vordergrund stellen. Produkte, die so konstruiert sind, dass der Lebensweg optimiert (CO2-Bilanz) wurde – von den eingesetzten Rohstoffen über die Herstellung und Distribution hin zur Nutzung, aber auch in Bezug auf den Nachgebrauch. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Produkt derart gestaltet ist, dass man die Nach-Gebrauchsphase mitplant und -denkt und es zum Zeitpunkt der Entwicklung schon ein Konzept gibt, wie Kreisläufe gestaltet werden können. Also Werterhaltung statt Verschwendung. Dabei geht es nur bedingt um das Recycling von Materialien. Viel wichtiger ist das Re-Manufacturing, also die Rücknahme der Produkte, die (automatisierte) Zerlegung auf wiederverwendbare Komponenten und die nachfolgende Herstellung von neuen Produkten auf Basis dieser Komponenten. Das erfordert andere Geschäftsmodelle im Sinne der Kreislaufwirtschaft (Circular Economy), bei denen der Hersteller mitunter Eigentümer der in den Produkten eingesetzten Ressourcen bleibt und die Anwender nur die Nutzung bezahlen und kein Eigentum an (möglichst kurzlebigen?) Produkten erwerben.

Dass dies in geänderten Geschäftsmodellen bereits funktioniert, kann an vielen Beispielen gezeigt werden. So verkauft ein Leuchtmittelhersteller keine Leuchtmittel mehr, sondern bietet Lichtleistung vor Ort beim Kunden an und wird dafür (und nicht für die Leuchtmittel an sich) bezahlt – sicher werden dann nur hocheffiziente und langlebige Leuchtmittel eingesetzt. Zum Vorteil des Unternehmens, der Kunden und der Umwelt. In einem aktuellen Projekt konnten wir diese Überlegungen auch auf Mobiltelefone umlegen. Die wertvollen IT-Komponen- ten werden ausgelötet und in neuen Produkten wieder- bzw. in anderen Produkten weiterverwendet.

All das ist technisch bereits möglich. Für eine wert- gestaltende Umsetzung muss man aber in der Lage sein, über den (ersten) Lebenszyklus des eigenen Produktes hinauszudenken und den Fokus auf den eigentlichen Nutzen des Produktes bei den Kunden legen. Dann grei- fen die Konzepte von Ecodesign und Circular Economy und leisten wertvolle Beiträge zur Zukunftsfähigkeit des eigenen Unternehmens bzw. des Umfelds. Damit können Ressourcen- und Energieverbräuche deutlich reduziert und die Klimabilanz verbessert werden. Denn eines ist klar: More of the same geht nicht mehr und können wir uns gar nicht mehr leisten.

Über den Autor: 

Wolfgang Wimmer leitet den Forschungsbereich Ecodesign an der TU-Wien und ist Geschäftsführer der Ecodesign company GmbH einem Ingenieurbüro, das Firmen auf dem Weg zum ökointelligenten Produkt unterstützt.

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